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Die Berufswahl

ist eine bedeutende Entscheiding, die üblicherwiese bereits in jungen Jahren getroffen wird und dann meistens erheblich unseren Lebenslauf mitbestimmt.

Wie bereits im Prolog der Webseite erwähnt, hatte ich das Glück, in jungen Jahren eine Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker absolvieren zu dürfen. Noch heute betrachte ich es als Privileg, einen Beruf wählen zu können, der einen wirklich fasziniert. Doch gerade bei sogenannten Modeberufen ist es alles andere als selbstverständlich, einen offenen Ausbildungsplatz zu finden. In solchen Fällen müssen oft Kompromisse eingegangen werden – sei es durch eine Ausbildung in einem verwandten Bereich oder gar die Entscheidung für einen völlig anderen Beruf.
Es wäre interessant zu wissen, ob dies dazu führt, dass mehr Menschen ihre Ausbildung vorzeitig abbrechen oder im späteren Berufsleben häufiger den Beruf wechseln.
Leider konnte ich dazu keine aussagekräftigen Statistiken finden, sodass ich mich hier auf meine persönlichen Erfahrungen stützen muss.
Ebenso spannend ist die Frage, inwieweit Eltern bereits im Kindesalter durch gezielte Förderung Einfluss auf die spätere Berufswahl nehmen können. In meinem Fall war meine Neugier für Technik und Elektronik schon sehr früh und damit auch der Berufswunsch eine Lehre als Radio- u. Fensehmechaniker machen zu wollen vorhanden.
Schon in der Volksschule war das Radio für mich ein Mysterium. Während ich das Prinzip von Licht, Elektroherd oder Waschmaschine meinte zu verstehen – sie waren ans Stromnetz angeschlossen und reagierten auf einen Schalter –, erschien mir das Radio rätselhaft. Es hatte zwar ebenfalls einen Schalter und lief mit Strom, aber wie war es möglich Sprache und Musik in die Kiste zu bekommen? Meine Mutter konnte mir diese Frage nicht zufriedenstellend beantworten – oder zumindest nicht so, dass ich es verstanden hätte. 
Jahre später, nach dem Tod der Tante meiner Mutter, erhielt meine Familie einen kleinen Erbanteil. Mein Vater – oder „Däta“, wie wir im Bregenzerwald sagen – nutzte die Gelegenheit, um sich seine lang gehegten Wünsche zu erfüllen: Einer davon,

das Fernsehen hielt 1968 Einzug in unser Haus. 

Anfangs verwendeten wir noch eine Zimmerantenne, doch die Bildqualität war mäßig um nicht zu sagen miserabel. Um einen halbwegs stabilen Empfang zu gewährleisten, mussten alle stillsitzen. 
Kurze Zeit später bekamen wir Besuch von zwei Technikern – keine ORF-Mitarbeiter. Sie wollten auf den Dachboden, um dort eine Antenne zu installieren. Ich nutzte die Gelegenheit, ihnen bei der Arbeit zuzusehen. Zunächst brachten sie verschiedene Antennen, Kabel und ein altes Fernsehgerät nach oben. Dann testeten sie mit den Antennen an unterschiedlichen Positionen die Empfangsqualität. Schließlich befestigten sie zwei Antennen an einem alten Besenstiel und hängten eine weitere Antenne, einen sogenannten Flachband-Dipol, an den Dachbalken auf – wobei ich damals natürlich nicht wusste, was ein Dipol ist. Zum Schluss wurden die Antennenkabel in einer Box zusammengeschaltet, ein Flachbandkabel entlang der Fassade nach unten verlegt, zwischen Fenster und Fensterrahmen eingeklemmt und ins Wohnzimmer geführt – eine klassische „Quick and Dirty“-Installation. Mit dieser Antennenanlage konnten wir, wenn auch wetterabhängig, ARD, SRG und ORF empfangen. Besonders das Schweizer Fernsehen (SRG) war in den Sommermonaten wegen Überreichweiten sehr störanfällig. 
Rückblickend war genau diese Installation der Fernsehantenne mein Schlüsselerlebnis – der Moment, in dem mein Interesse für den Beruf des Radio- und Fernsehmechanikers geweckt wurde.
Während meiner Hauptschulzeit verstärkte sich meine Begeisterung für Technik und Elektronik. So war es wohl auch weiter nicht verwunderlich, dass Mathematik- und Physik zu meinen bevorzugten Unterrichtsfächern zählten. 
Ein großer Verdienst meiner Mutter war es, die Stärken und Schwächen ihrer Kinder zu erkennen und sie in ihren Berufswünschen entsprechend ihren Fähigkeiten zu fördern – ohne dabei Druck aufzubauen. Obwohl unsere finanzielle Situation nach dem frühen Tod meines Vaters (ich war damals gerade erst 11½ Jahre alt) schwierig war, stellte meine Mutter ihre eigenen Bedürfnisse zurück. Zu Weihnachten schenkte sie mir einen Philips-Elektronikbaukasten – ein Geschenk, das meine Berufswahl endgültig besiegelte. Gegen Ende meiner Schulzeit begann meine Mutter, potenzielle Ausbildungsbetriebe zu kontaktieren. Schließlich entschieden wir uns für die Firma Hermann Bertsch in der Nachbargemeinde Krumbach. 
Am 16. Juli 1973 trat ich dort meine Probezeit an. Zwei Wochen später kamen weitere Bewerber hinzu, die ebenfalls eine Zusage für die Lehrstelle erhalten hatten. Ende August kam dann die überraschende Nachricht: Es konnte nur ein Lehrling eingestellt werden.
In diesem Moment zeigte sich, wie wertvoll die frühzeitige Förderung durch meine Mutter war. Mein Vorsprung an Wissen und Interesse zahlte sich aus – ich bekam die Lehrstelle.
Meine beiden Mitbewerber mussten sich kurzfristig um eine alternative Ausbildung als Elektroinstallateure bemühen. Diese Erfahrung hat mir eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig es ist, frühzeitig seine Interessen zu entdecken und gefördert zu werden.
Ich bin meiner Mutter bis heute dankbar für ihre Weitsicht und Unterstützung.

GNU