Heathkit VTVM IM-18

Wer misst, misst Mist - 

Heathkit IM-18 VTVMein geflügeltes Wort, das besonders von altgedienten Technikern gerne verwendet wird. Ich selbst hörte diese Phrase bereits im ersten Lehrjahr – und musste ihre Bedeutung auch praktisch erfahren. Mein erstes Messgerät war ein altes, analoges Mehrfachmessgerät, das Gleich- und Wechselspannungen sowie Ströme messen konnte. Zusätzlich bot es die Möglichkeit, Widerstände zu bestimmen. Damit war ich in der Lage, die Versorgungsspannungen in verschiedenen Geräten zu überprüfen und konnte so einen Großteil der Reparaturen bewältigen. Doch sobald es um Probleme im Signalweg ging – etwa um die Arbeitspunkteinstellung einer Röhrenverstärkerstufe –, lieferte das Messgerät oft nur unbrauchbare Werte. Der Grund lag zum einen im hochohmigen Eingang der Verstärkerröhren und zum anderen in der niedrigen Eingangsimpedanz meines Messgeräts. Um diesem Problem zu begegnen, entschied ich mich, ein Messgerät anzuschaffen, das diese systembedingten Schwächen nicht aufwies. Allerdings war das Budget eines Lehrlings im ersten Lehrjahr begrenzt – meine Lehrlingsentschädigung betrug 1973/74 gerade einmal 990 Schilling im Monat. Dennoch entschied ich mich für den Kauf eines Röhren-Voltmeter-Bausatzes für rund 2000 Schilling. Zum Vergleich: In den USA war derselbe Bausatz für nur 30 USD erhältlich – umgerechnet etwa 750 Schilling. Elektronische Bauteile und Messgeräte waren in Österreich zu dieser Zeit eben noch erheblich teurer. Mein Heathkit-Röhrenvoltmeter ist mittlerweile über 50 Jahre alt und natürlich nicht mehr „state of the art“ – doch es funktioniert nach wie vor einwandfrei. Inzwischen haben sich einige modernere Messgeräte zu meiner Sammlung gesellt, sodass das Heathkit IM-18 nur noch selten in Betrieb genommen wird. Dennoch verbinde ich mit ihm schöne Erinnerungen an meine Lehrzeit. Zum Abschluss möchte ich das Heathkit IM-18 noch etwas genauer vorstellen.
Cover Heathkit IM-18 VTVM ManualDas Heathkit IM-18 ist ein Röhrenvoltmeter (Vacuum Tube Voltmeter, VTVM), das zwischen 1968 und 1976 produziert wurde. Es diente Ingenieuren, Technikern und Wartungspersonal zur präzisen Messung von Gleichspannungen (DC+ und DC-), Wechselspannungen (AC) sowie Widerständen. Als Nachfolger des IM-11, das 1961 auf den Markt kam, zeichnet sich das IM-18 durch ein einfaches, robustes Design und hohe Messgenauigkeit aus. Das Gerät verwendet zwei Vakuumröhren: eine 12AU7 Doppeltriode für die Messbrücke und eine 6AL5 Doppeldiode für die AC-Gleichrichtung. Diese Röhrentechnologie gewährleistet eine hohe Empfindlichkeit und Stabilität bei allen Messfunktionen. Präzisionswiderstände in den Spannungsteilern tragen zur Messgenauigkeit bei. Ein bemerkenswertes Merkmal des IM-18 ist die Kombination aus AC-OHMS-DC Schaltsonde und einem einzigen Eingang für Mess- und Erdungsleitungen. Dies reduziert das Kabelgewirr und erleichtert die Bedienung. Der Eingangswiderstand beträgt 11 MΩ bei Gleichspannungsmessungen und 1 MΩ bei Wechselspannungsmessungen, wodurch das zu messende Schaltungsverhalten kaum beeinflusst wird. Für Widerstandsmessungen benötigt das IM-18 eine 1,5-Volt-Batterie zusätzlich zurNetzstromversorgung. Mit Abmessungen von 119 x 187 x 104 mm und einem Gewicht von etwa 1,6 kg ist es kompakt und dennoch robust gebaut. Das IM-18 wurde als Bausatz angeboten, was es Elektronikbegeisterten ermöglichte, das Gerät selbst zusammenzubauen und dabei praktische Erfahrungen zu sammeln. Seine Langlebigkeit und Präzision machen es auch heute noch zu einem geschätzten Instrument in der Elektronik-Community. Für eine visuelle Demonstration des Heathkit IM-18 VTVM könnt ihr Euch das folgende Video ansehen:

Literaturhinweis:

Vacuum tube voltmeters by John F. Rider (download)

Auch das Gerätedesign scheint ganz zu 1Atelefon zu passen.

FNIRSI 2C53T Multimeter

FNIRSI 2C53C

Hallo liebe Leute,
nachdem ich unlängst über mein erstes Röhrenvoltmeter, das Heathkit IM-18, berichtet habe, möchte ich euch heute von meinem neuesten Messgerätezuwachs erzählen – einem Multimeter, das diesen Namen wirklich verdient.
Gekauft habe ich mir das FNIRSI 2C53T übrigens nicht aus akutem Multimeter-Mangel – ganz im Gegenteil. Es war schlicht und einfach die Neugier. Ein Multimeter, das neben den klassischen Funktionen eine 4½-stellige Anzeige, echte True-RMS-Messung für Wechselspannung und -strom bis 10 A bietet und zusätzlich noch ein 2-Kanal-Oszilloskop mit 50 MHz Bandbreite sowie einen Funktionsgenerator in einem kompakten Handheld-Gerät vereint – das ist definitiv nicht alltäglich.
Und das Ganze – man mag es kaum glauben – gibt’s beim „Chinesen des geringsten Misstrauens“ für deutlich unter 90 € inklusive österreichischer Mehrwertsteuer. Im Lieferumfang sind sogar eine schicke Transportbox, zwei umschaltbare x1/x10-Tastköpfe und weitere Messleitungen enthalten.
Das Gerät liegt aufgrund seiner kompakten Größe gut in der Hand. Auch die Verarbeitung – von den Buchsen bis zum Display – macht einen durchaus soliden Eindruck. Nach einer kurzen Aufwärmphase von etwa fünf Minuten stimmt auch die Messgenauigkeit und kann sich mit deutlich teureren Geräten messen.
Besonders erwähnenswert: Im Oszilloskop-Modus steht auch eine FFT-Funktion zur Verfügung, mit der sich anliegende Signale per „Fast Fourier Transformation“ in den Frequenzbereich umrechnen und darstellen lassen. Die Bedienung ist insgesamt intuitiv – wer einmal durch die Menüs navigiert hat, wird schnell damit zurechtkommen. Eine Mini-Bedienungsanleitung im geschätzten DIN-A8-Format liegt auf Mandarin und Englisch bei.

Kein Vorteil ohne Nachteil

Wie so oft bringt ein Gerät mit vielen Funktionen auch gewisse Einschränkungen mit sich. Aufgrund der kompakten Bauform sind nur wenige physische Bedienelemente vorhanden. Wichtige Einstellungen müssen deshalb über die Menüs vorgenommen werden. Diese Hürde wird allerdings dadurch entschärft, dass viele Parameter automatisch erkannt und angepasst werden.
Für Profis oder jene, die sich dafür halten und täglich viele Stunden mit Multimeter und Oszilloskop arbeiten, ist diese Menüstruktur möglicherweise nicht praktikabel. Persönlich habe ich außerdem eine gewisse Hemmschwelle, mit einem Gerät, das gerade im mV-DC-Bereich misst, plötzlich 230 V AC anlegen zu wollen – das gilt auch fürs Oszilloskop. Vielleicht bin ich da ein wenig altmodisch, aber grundlegende Einstellungen wie Eingangsteiler, Zeitbasis und Trigger sollte man meiner Meinung nach einfach und direkt über separate Bdienelemente steuern können.
Ebenfalls zu bemerken: Die Messrate ist im Vergleich zu hochwertigen Labormessgeräten eher langsam. Schade finde ich auch, dass das Multimeter zwar eine USB-C-Buchse zur Firmware-Aktualisierung besitzt, aber keine Möglichkeit bietet, Messdaten zu exportieren oder das Gerät fernzusteuern. Aber gut – man sollte die Kirche im Dorf lassen und keine Äpfel mit Birnen vergleichen.

Praxistipp

Das Multimeter verträgt maximal ±40 V am Eingang. Werden die Tastköpfe auf x10 geschaltet, erhöht sich die maximale Eingangsspannung auf ±400 V. Damit die Anzeige dennoch korrekt bleibt, muss diese Einstellung zusätzlich im Menü berücksichtigt werden. Wer etwa an Schaltnetzteilen messen möchte, dem rate ich dringend, auf einen x100-Tastkopf zurückzugreifen. Die Spannungsspitzen an Schalttransistoren können deutlich über 400 V hinausgehen – was das Gerät zerstören könnte.

Wichtiger Hinweis: Bitte beachtet die einschlägigen Sicherheitsvorschriften. Personen ohne entsprechende Qualifikation und sicherheitstechnische Unterweisung sollten keinesfalls Arbeiten an elektrischen Geräten und Anlagen durchführen!

Fazit

Insgesamt halte ich das Preis-Leistungs-Verhältnis dieses Multimeter-/Oszilloskop-Kombigeräts für ausgezeichnet. Für Bastler oder Funkamateure, die gelegentlich messen möchten oder müssen, ist es eine sinnvolle und günstige Alternative zu teureren Geräten. In meinem Fall wird das neue FNIRSI 2C53T künftig im mobilen Werkzeugkoffer mitreisen – und dort sicher noch gute Dienste leisten.

Keine Labordiva

Mein Hartmann & Braun IRU Universalmultimeter - Unkaputtbar in Olivgrün

Grafik Funkmast mit Handy und HotspotManche Geräte in meiner Sammlung sind fein, präzise und modern – andere sind hart im Nehmen. Eines fällt dabei besonders auf: mein Hartmann & Braun IRU Universalmultimeter, ein Veteran der deutschen Bundeswehr.

Ich habe es in den 1990er-Jahren bei einem Surplus-Händler in Deutschland für kleines Geld erstanden. Damals war es einfach nur ein robustes Arbeitsgerät – heute ist es ein Stück Technikgeschichte, das bei Besuchern regelmäßig für „Aha“-Momente sorgt.

Bundeswehr-Herkunft – gebaut für draußen

Das Kürzel IRU steht für Instandsetzungs-Rüstsatz Universal. Übersetzt heißt das: ein Multimeter für Feldtechniker, Funker oder Werkstattmannschaften, das alles mitmacht. Keine Labordiva, sondern ein Gerät, das im Regen misst, in der Kälte funktioniert und nach einem Sturz vom LKW einfach weiterarbeitet.

Die Farbe? Natürlich olivgrün – in widerstandsfähiger Hammerschlaglackierung auf massivem Stahlblechgehäuse. Der Look schreit geradezu: „Ich bin nicht hübsch, ich bin zäh!“

Technische Daten mit Charakter

Grafik Funkmast mit Handy und HotspotRein technisch ist das IRU kein High-End-Messgerät. Mit einem Innenwiderstand von 2 kΩ pro Volt ist es für sehr empfindliche Messungen eher ungeeignet – in modernen Laboren würde es wahrscheinlich in der Schublade liegen bleiben.

Aber für den Außendienst war es perfekt:

  • Messbereiche: Gleich- und Wechselspannung, Strom, Widerstand
  • Große, klare Skala mit Spiegellinie gegen Parallaxefehler
  • Analoges Drehspul-Messwerk – ideal, um Trends und Schwankungen „live“ zu sehen
  • Gehäuse aus dickem Stahlblech, olivgrün lackiert im Hammerschlag-Finish
  • Bedienung über massiven Drehschalter – auch mit Handschuhen bedienbar

Mein Einsatz – vom Auto bis ins Feld

Über viele Jahre war mein IRU fest in meinem Auto stationiert. Gerade im Außendienst leistete es unschätzbare Dienste: Spannung an der Lichtmaschine messen, Batteriespannung checken, Kabelbrüche aufspüren – das IRU tat, was es sollte, und das zuverlässig. Kein Kabelbruch, keine lockere Buchse, keine Macken – egal wie ruppig der Tag war.

Ich bin mir sicher: Selbst wenn es damals vom LKW gefallen wäre, hätte man es einfach aufgehoben, den Staub abgeklopft – und weitergemessen.

Heute – vom Werkzeug zum Schaustück

Mittlerweile steht das IRU in meinem Regal. Es wird nicht mehr oft benutzt, aber immer wieder bestaunt. Besucher sehen die große Skala, die massiven Anschlüsse, das olivgrüne Gehäuse – und fragen sofort: „Und das funktioniert noch?“
Die Antwort lautet jedes Mal: „Ja. Natürlich. Es ist ein IRU.“

Infokasten: Hartmann & Braun & das IRU
  • Hartmann & Braun wurde 1882 in Frankfurt am Main gegründet und war jahrzehntelang einer der führenden Hersteller von Mess- und Regeltechnik in Deutschland.
  • Das IRU Universal-Multimeter war Teil des Instandsetzungs-Rüstsatzes der Bundeswehr, entwickelt für mobile Werkstätten und Feldreparaturen.
  • Analoge Bauweise, hohe mechanische Belastbarkeit und Servicefreundlichkeit standen im Vordergrund – nicht absolute Präzision.
  • Durch die Stahlblechkonstruktion und Hammerschlaglackierung war es sowohl stoßfest als auch korrosionsbeständig.
  • Heute tauchen diese Geräte fast nur noch bei Sammlern oder auf Technikflohmärkten auf.

Fazit

Das Hartmann & Braun IRU Universalmultimeter ist kein Präzisionswunder – aber es ist ein Symbol für eine Zeit, in der Geräte so gebaut wurden, dass sie jahrzehntelang halten. Es erinnert mich daran, dass robust und zuverlässig manchmal wichtiger ist als digital und hochpräzise. Und dass es Dinge gibt, die man einfach nicht kaputtkriegt – die für die Ewigkeit gebaut sind.

GNU

Anmerkung: Für die in diesem Beitrag angeführten Markennamen, Firmennamen und Warenzeichen gilt: Alle Rechte liegen bei den jeweiligen Inhabern.

Mein erstes Oszilloskop

Der Traum vom eigenen Oszilloskop

OA1000A Oszilloskop von Advance InstrumentsKonsequentes Sparen und harte Arbeit haben es mir ermöglicht, am Anfang meines dritten Lehrjahres (1975) mein erstes richtiges Oszilloskop zu kaufen: das OS1000A von Advance Instruments. Ein echtes Schmuckstück für meine Bastelwerkstatt – und gleichzeitig der Beginn vieler spannender Elektronik-Abenteuer.

Warum gerade das OS1000A?

Ganz einfach: Es war für seine Zeit etwas fortschrittlicher als die üblichen Geräte, das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmte, und es hatte genau die Features, die ich brauchte. Vergleichbare Geräte wie das HM512 von Hameg waren ebenfalls solide, aber nicht so attraktiv. Klar, es gab High-End-Geräte wie das Tektronix 475, doch die lagen preislich in einer ganz anderen Liga – für einen Lehrling unerreichbar. Für meine Projekte reichte das OS1000A vollkommen, und über zwanzig Jahre lang war es mein treues „Arbeitspferd“ in der Bastelwerkstatt.

Besser ausgestattet als mancher Profi

Oszilloskop PM323o PhilipsEin kleiner Vergleich zeigt, wie gut ausgestattet ich war: In meiner Lehrfirma, der größten Radio- und Fernsehwerkstatt der Region, gab es damals nur ein einziges PM3230 „10 MHz Dual-Beam“-Scope von Philips. Kleinere Betriebe hatten oft noch weniger. Anders gesagt: Ich war besser ausgestattet als so manche Fachfirma! Kein Wunder, dass ich mich oft in meiner Bastelwerkstatt aufhielt und mich dort wie zuhause fühlte.

Heute im Regal, morgen wiederbelebt

Natürlich bleibt die Zeit nicht stehen. Die Ansprüche an Messtechnik steigen, neue Geräte und digitale Möglichkeiten haben längst Einzug gehalten. Mein altes OS1000A steht seit 1995 im Regal – immer noch funktionsfähig, aber einige Schalter sind verstaubt und würden nach einem Generalservice schreien. Ein perfektes Projekt für lange Winterabende, bei dem man Erinnerungen auffrischen und gleichzeitig etwas Altes wieder zum Leben erwecken kann.

Ein Abenteuer der Elektronik

Rückblickend betrachtet war dieses kleine Gerät nicht nur ein Werkzeug – es war der Start in eine lebenslange Faszination für Elektronik, Experimente und das Entdecken von verborgenen Signalen. Wer ein Oszilloskop hat, weiß: Man kann nie genug davon haben.

GNU

Anmerkung: Für die in diesem Beitrag angeführten Markennamen, Firmennamen und Warenzeichen gilt: Alle Rechte liegen bei den jeweiligen Inhabern.

Mein erstes Digital Multi Meter (DMM 9)

Liebe Leser und Leserinnen des 1 A telefon Technikblogs,

Grafik Funkmast mit Handy und Hotspot

heute möchte ich euch ein besonderes Stück Technikgeschichte vorstellen: das DMM9, ein digitales Multimeter des britischen Herstellers Gould – später unter dem Namen Gould Advance bekannt.

Die Firma war nur vergleichsweise kurze Zeit auf dem Markt vertreten, nämlich von 1973 bis 1982. Dennoch brachte sie in dieser Periode mehrere Versionen des DMM9 heraus, die schrittweise weiterentwickelt wurden.

In den 1970er-Jahren begann die Ära der digitalen Multimeter. Diese Geräte wurden zunehmend erschwinglich, auch für kleinere Unternehmen und engagierte Hobbyisten. Während viele Modelle zunächst nur eine dreistellige Anzeige oder im „modernsten“ Fall eine 3½-stellige Punktmatrixanzeige besaßen, konnte man mit ihnen bereits Wechsel- und Gleichspannungen, Ströme sowie Widerstände mit einer Genauigkeit, wie man sie zuvor bei analogen Messgeräten nicht gekannt hat, messen.

Ende der 1970er-Jahre präsentierte Gould Advance dann eine neue Generation des DMM9. Dieses Modell unterschied sich deutlich von seinen Vorgängern:

  • Es verfügte über eine 4½-stellige LCD-Anzeige, was zu dieser Zeit eine beachtliche Präzision ermöglichte.
  • Zudem war ein „True RMS“-Messwandler integriert – damals ein echtes Alleinstellungsmerkmal.

Gould positionierte das Gerät sowohl für professionelle Anwender und Anwenderinnen als auch für ambitionierte Bastler. Ob diese Einschätzung gerechtfertigt war, lässt sich sicher diskutieren. Fakt ist aber: Ein Multimeter mit 4½ Stellen und True-RMS-Technik war Ende der 70er-Jahre äußerst innovativ.

Leider zeigte sich auch die Schattenseite: Bei der Material- und Bauteilqualität wurde gespart. Offenbar setzte das Management mehr auf Expansion und Zukäufe als auf nachhaltige Entwicklungsarbeit. Vielleicht erklärt gerade das, warum Gould heute nicht mehr existiert.

Meine persönliche Erfahrung mit dem DMM9

Mein eigenes Exemplar hat mich damals einige Nerven gekostet. Das „innovative“ LCD-Modul entpuppte sich nämlich als sehr kälteempfindlich. Eines Nachts, nach längerer Lagerung im Auto, war das Display schlicht nicht mehr funktionsfähig. Tragischerweise war Gould zu diesem Zeitpunkt bereits vom Markt verschwunden – Ersatzteile gab es also keine mehr. So wanderte mein DMM9 nach nur wenigen Jahren Nutzungszeit auf den Dachboden.

Erst viel später, eher zufällig, stieß ich bei einem deutschen Onlinehändler für Restposten auf ein fabrikneues 4½-stelliges LCD-Display. Ohne Datenblatt, aber mit derselben Anschlussanzahl, wagte ich den Versuch – und tatsächlich: Das neue Modul funktionierte. Ein glücklicher Zufall, der mein Multimeter rettete.

In den darauffolgenden Jahren waren noch zwei weitere Reparaturen im Bereich der Stromversorgung nötig, doch seither – also seit rund 20 Jahren – arbeitet das Gerät zuverlässig. Heute hat es einen festen Platz in meinem Funk-Shack, zwischen meinen anderen Messgeräten, und muss nicht mehr den Strapazen des „Außendienstes“ trotzen.

Für mich ist das DMM9 ein spannendes Beispiel dafür, wie nah Innovation und Scheitern manchmal beieinanderliegen. Einerseits ein technisch fortschrittliches Multimeter seiner Zeit, andererseits geprägt von wirtschaftlichen Fehlentscheidungen und schwacher Fertigungsqualität. Trotzdem freue ich mich, dass mein Exemplar die Jahre überstanden hat – und mich noch heute bei Messungen zuverlässig begleitet.

GNU